Changemakerin Claudia Lanius: Krisen können zurück zum Eigentlichen und nach vorne führen.
Claudia Lanius zählt zu den Größen der Green-Fashion-Branche. Als Gründerin des gleichnamigen Labels vor über zwanzig Jahren ist sie vorangeschritten als Wegbereiterin für Designerinnen und Designer, die mit fair und mit Naturmaterialien produzieren wollen. Ihre letzte Initiative für mehr Zusammenhalt in Krisenzeiten entwickelte sie mit drei weiteren Persönlichkeiten und fand über 300 unterstützende Labels, Shops, Freund*innen. Hier spricht sie über Fair Fashion Solidarity, die Rückbesinnung zum Markenkern und Parallelen zwischen Corona und dem Klimawandel.
Mit der #FAIRFASHIONSOLIDARITY Initiative geben wir eine Antwort auf die Herausforderungen, vor die uns die Corona-Pandemie stellt: Zusammenhalt!
Mit dem Modelabel LangerChen, dem Fashion-Store LOVECO und der Online-Plattform AvocadoStore haben wir uns zusammenschlossen, um mit unserem Manifest, das gleichzeitig ein Appell ist, zu zeigen, dass wir solidarisch durch die Krise gehen.
Dazu haben wir Handlungsempfehlungen für Shops, Labels und Kunden entwickelt, wie zum Beispiel, nicht frühzeitig zu reduzieren und den Partner*innen entgegenzukommen, solang es im Rahmen der eigenen Liquidität möglich ist.
Bei dem Movement kann jeder mitmachen, sich online informieren und mit einer digitalen Unterschrift zum Teil werden und nach dem Manifest handeln. Unser Ziel ist vor allem, ein Bewusstsein für den Wert nachhaltiger Mode zu schaffen. Wir wollen sichtbar machen, wie viele Menschen an der Produktion eines Kleidungsstücks beteiligt sind und wie verheerend die wirtschaftlichen Folgen für sie sein können.
Bestes Businessmodell: Zusammen Lösungen finden statt Rücken zukehren
Wir besinnen uns auf das, was in einer Krise wirklich zählt: Menschlichkeit. Und offene, direkte Kommunikation. Zum Zeitpunkt des Lockdowns hatten wir die vorgeorderte Ware der Frühjahr/Sommer Kollektion 2020 bereits an den Handel verschickt und unsere Rechnungen bei den Produzenten beglichen. Wir sind sofort in die Kommunikation mit unseren Kunden gegangen und haben gute Lösungen für alle Beteiligten gefunden. Und: Wir haben treue Kundinnen, die uns nicht einfach den Rücken zuwenden.
Bei allen Schwierigkeiten und Herausforderungen hat sich nur mehr verdeutlicht, dass in unserer Firma ein großer Zusammenhalt herrscht – und zwar nicht nur bei uns im Headoffice in der Kölner Südstadt, sondern auch mit unseren 20 Produktionspartner*innen, die in neun unterschiedlichen Ländern weltweit sitzen, sowie mit unseren Handelspartner*innen, die die LANIUS Kollektion geordert haben. Dafür sind wir sehr dankbar.
In der Krise rückt die ursprüngliche Mission in den Vordergrund
Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass wir uns noch stärker auf unsere Wurzeln, unsere nachhaltige DNA konzentrieren: Wir verarbeiten nachhaltige, hochwertige, langlebige Naturmaterialien. Wir widmeten uns intensiv der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2021, die wir erstmals vollständig CO2-neutral produzieren. Wir haben die Größe unserer Kollektion hinterfragt, uns auf unsere Kernkompetenzen im Design besonnen, die Transportwege überdacht und an einigen logistischen Stellschrauben gedreht. Darüberhinaus hat uns die Entschleunigung, die der Lockdown mit sich gebracht hat, gutgetan.
Digitale Messen sind eine Bereicherung
Unser Arbeitsalltag hat sich durch die Corona-Pandemie insoweit verändert, als wir eine umfassende Homeoffice-Infrastruktur eingerichtet haben. Wir haben deutlich mehr Bildmaterial und Videomaterial kreiert, um unseren Kunden die Kollektion so nah wie möglich zu bringen. An digitalen Messe-Formaten haben wir ebenfalls teilgenommen, die wir als spannende Ergänzung zu saisonalen Messen erachten. Für uns steht jedoch fest, dass der persönliche Kontakt nicht zu ersetzen ist. Wir freuen uns sehr auf die diesjährige Innatex.
Mit unseren Kunden halten wir hauptsächlich noch immer per Telefon und Email Kontakt. Im Zuge von Corona war aber von Zoom-Meetings, über FaceTime, Skype und WhatsApp-Calls eigentlich alles vertreten.
Mut ist der bessere Berater
Eine Erkenntnis, die mich persönlich sehr bewegt und aufgerüttelt hat, ist wie angreifbar wir sind und wie sehr die Pandemie auf die gesamte Menschheit Einfluss nimmt. Hier eine Parallele zum Klimawandel zu ziehen, der ebenfalls ein globales Phänomen ist, liegt für mich auf der Hand. Corona hat mir gezeigt, wie es sich unmittelbar anfühlt, in Gefahr zu geraten. Das war zunächst beängstigend, in der Konsequenz aber wiederum auch „Mut machend“, da wir uns von der Angst nicht leiten lassen, sondern durch diese reale Erkenntnis noch weitere Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen haben, um unserer Erde das zurückzugeben, was wir ihr an anderer Stelle nehmen.
Generell ist es wichtig, optimistisch zu bleiben und ganz offen alle Parteien frühzeitig ins Boot zu holen, wenn Probleme auftreten.
Was ich mir wünsche?
Dass wir gestärkt aus der Pandemie hervorgehen und mit einem gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein dafür, dass die Zukunft der Mode fair und nachhaltig ist.